Bad Nauheim Sprudelhof Jugendstil
Sprudelhof

Sprudelhof – Bad Nauheim

Der Sprudelhof in Bad Nauheim: er ist das Herzstück jener Jugendstilanlage, die als eine der größten zusammenhängenden Anlagen Europas gilt.

„Es gibt in Europa wohl keine zweite Stadt mit solch einem ausgedehnten Bezirk von Jugendstilbauten, die auf Grund eines großzügigen Plans errichtet wurden, die einem einzigen Zweck dienen, und von denen man mit Recht sagen kann: sie bilden eine Einheit. Die Nauheimer Jugendstilbauten und Jugendstilanlagen gehören zu den bedeutendsten in Europa.
Ein Werk von so hohem Wert, von solcher Bedeutung bedarf des Schutzes. Allen Verantwortlichen ist, unabdingbar, eine hohe Verpflichtung auferlegt: das Bestehende in seiner Eigenart zu erhalten.“[1]

Diese Mahnung und gleichzeitige Liebeserklärung an diese ganz besondere Stadt Bad Nauheim mit ihren de facto einzigartigen Jugendstilanlagen schrieb Robert Niederhoff im Jahr 1974. Seither ist viel passiert – in mancherlei Hinsicht – und dann doch wieder gar nicht so viel – in manch anderer Hinsicht.

Nun aber beginnt die Sanierung des Herzstücks dieser Jugendstilanlage: Der Sprudelhof und mit ihm alle Gebäude, die ihn umsäumen, werden für lange Jahre für Besucher*innen nicht mehr zu erleben sein. Dieser Umstand bewegte dazu diese einzigartige Anlage zumindest in digitaler Form zugänglich zu machen.


Bad Nauheim Sprudelhof Verwaltungsgebäude Jugendstil
Verwaltungsgebäude am Sprudelhof in Bad Nauheim
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Jugendstil Sprudelhof – Verwaltungsgebäude

Wer sich, vom Bahnhof kommend, in Richtung des Zentrums von Bad Nauheim bewegt, dem fällt sofort die lange und gerade Straße auf, die auf zwei große Gebäude zuläuft, die torartig den Blick auf einen großen freien Platz freigeben. In seiner Mitte – schon von weitem sichtbar – ein großes Bassin aus dem sich zwei Fontänen erheben: die berühmten Sprudel von Bad Nauheim. Weiter reicht der Blick entlang einer Sichtachse durch den Kurpark hindurch bis hinauf auf den Johannisberg auf dem einst schon die Kaiserin Sissi stand.

Die beiden großen Gebäude, die dem Betrachter zuerst ins Auge fallen, sind die ehemaligen Verwaltungsgebäude. Sie bilden die bewusst von Wilhelm Jost gestaltete Begrenzung, des inneren Badegebietes – dem Sprudelhof. Zum Bahnhof hin sind sie eingeschossig. Zwischen ihnen befindet sich eine breite Treppe, die hinab führt zu den drei Sprudeln, den Badehäusern und dem großen Kurpark.

Ursprünglich beherbergten diese beiden Verwaltungsgebäude die Badedirektion, die Kassen, das technische Büro, Laboratorien, ein Röntgenzimmer, sowie Wohnungen, etwa für den Vorstand der Großherzoglichen Badedirektion und den Kurdirektor.


Bad Nauheim Sprudelhof Großer Sprudel
Bad Nauheim Sprudelhof Großer Sprudel
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Jugendstil Sprudelhof – Großer Sprudel

Das bauliche Herzstück des Sprudelhofs von Bad Nauheim bildet das Bassin aus dem die beiden großen Sprudel als manchmal hohe, manchmal weniger hohe Fontänen sich den Weg aus der Erde bahnen. Eine der beiden Fontänen ist der „Große Sprudel“, dem Bad Nauheim das Weihnachtswunder des Jahres 1846 verdankt. Die zweite Fontäne wird durch den Friedrich-Wilhelm-Sprudel gebildet, der im Jahr 1855 erbohrt wurde.

Die steinerne Fassung dieser beiden Sprudel, die man hier heute sieht, stammt aus dem Jahr 1910. Es war der letzte Baustein dieses Jugendstilensembles, der gesetzt wurde.

Der Sprudel von Bad Nauheim
Im Dunkeln besonders mystisch – der Sprudel von Bad Nauheim
GIF: A. Kircher-Kannemann CC-by SA 4.0

Anders, als die umliegenden Gebäude, stammt diese Brunnenfassung nicht vom Architekten Wilhelm Jost, obwohl auch er einen Vorschlag für einen passenden Brunnen eingereicht hatte. Das Rennen aber machte Heinrich Jobst, ein Bildhauer aus der Darmstädter Künstlerkolonie. In seiner Brunneneinfassung vereinen sich Neoklassizismus und später Jugendstil.

Die steinerne Einfassung der beiden Sprudel besteht aus zwei runden Becken zu denen auf zwei Seiten Freitreppen mit einem Zwischenpodest führen, die von je einem männlichen und einem weiblichen Mischwesen bewacht werden.

zwischenzeitliche Sprudelfassung Sprudelhof Bad Nauheim
So sah die zwischenzeitliche Sprudelfassung aus, bevor die Wettbewerbsentscheidung auf den Entwurf von Heinrich Jobst fiel
Foto: Hessisches Landesarchiv Darmstadt

In seinen Lebenserinnerungen schrieb Wilhelm Jost über den Wettbewerb und die ausgeführte Brunnenfassung von Heinrich Jobst:

„Da sich dieser nicht an eine Hauptbedingung gehalten hatte – die kreisrunden Becken waren zu klein – habe ich mich zunächst dagegen aufgelehnt, natürlich ohne Erfolg.
Jobst war zweifellos der geeignete Künstler und seine Arbeiten im Sprudelhof – es kam noch ein schreitender Löwe in Bronze dazu, eine wunderbare Arbeit – sind der künstlerische Höhepunkt der Gesamtanlage. Diese Brunnenanlage ist dann vom Hochbauamt Friedberg ausgeführt worden, da ich mich als Wettbewerbsteilnehmer ausgeschaltet hatte. Es war aber auch die Zeit herangekommen, da nach Beendigung aller Neubauten ohnehin die Baubehörde für die Neubauten in Bad Nauheim ihrer Auflösung entgegenging.“

Wilhelm Jost: Erinnerungen aus meinem Leben, in: Führer durch den Sprudelhof Bad Nauheim, hg. v. Britta Spranger, Mainz 2000, S. 98-99.

Bad Nauheim Sprudelhof drei Sprudel
Bad Nauheim Sprudelhof mit Ernst-Ludwig-Sprudel (rechts vorn)
historische Postkarte 1914 – gemeinfrei

Sprudelhof Bad Nauheim- Ernst-Ludwig-Sprudel

Ein wenig abseits des großen Beckens, ein wenig aus der ansonsten vorwiegend symmetrischen Anlage des Sprudelhofes herausstechend, befindet sich ein deutliches kleineres steinernes Bassin. Dieses Brunnenbecken war ursprünglich für den Ernst-Ludwig-Sprudel gebaut worden.

Dieser Sprudel ist benannt nach Großherzog Ernst-Ludwig, jenem Fürsten, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Auftrag für den Neubau dieser Jugendstilanlage im Zeichen der Gesundheit gab.

Großherzog Ernst Ludwig war ein für seine Zeit ausgesprochen aufgeschlossener und vor allem auch kunstsinniger Herrscher. Vor allem der Architektur und dem Jugendstil war er verbunden. Ihm verdanken wir neben der Jugendstilanlage von Bad Nauheim vor allem auch die Darmstädter Künstlerkolonie mit der Mathildenhöhe.

Aus eben jener Künstlerkolonie aus Darmstadt kamen denn auch zahlreiche Künstler, die auch in Bad Nauheim ihre Spuren hinterließen.

Schon seit einigen Jahren lag das Brunnenbecken des Ernst-Ludwig-Sprudels allerdings trocken und die steinerne Umrandung lässt deutlich die Spuren erkennen, die das salz- und mineralhaltige Wasser hinterlassen hat. Die Figuren an der Umrandung sind kaum mehr zu erkennen.


Sprudelhof Hessischer Löwe
Bad Nauheim Sprudelhof Hessischer Löwe
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Sprudelhof Bad Nauheim– Hessischer Löwe

Der Löwe – das Wappentier Hessens – er darf natürlich nicht fehlen. Auch nicht in diesem eigentlich ja pragmatischen Gebäudeensemble im Jugendstil.

Auch diese doch recht große Löwenfigur, die auf einem steinernen Sockel steht, zerstört etwas die Symmetrie des Sprudelhofs. Der im Laufen gebannte mit mächtiger Mähne versehene dunkle, metallene Löwe, der im Laufe der Jahre schon eine schöne Patina angesetzt hat, blickt auf das kleine Sprudelbecken, des Ernst-Ludwig-Sprudels.

Ursprünglich sollte er gar nicht hier im Sprudelhof von Nauheim stehen, was wohl erklärt, warum er im ersten Augenblick ein wenig fremd wirkt.

Geschaffen worden ist das heraldische Wappentier der Hessen von Heinrich Jobst im Jahre 1912. Er steht im Zusammenhang mit dem Löwenpaar am Haupteingang des Landesmuseums in Darmstadt.

An zwei Seiten werden die drei Sprudel und der hessische Löwe von Kolonnaden gerahmt, die sich bis zur großen Freitreppe erstrecken und so in die Rückseiten der Verwaltungsgebäude hineinragen, die hier im Übrigen zweigeschossig sind.

Die Kolonnaden verbergen auf den ersten Blick die Zugänge zu den Badehäusern. Erst wenn man hier geschützt von Sonne und Wetter entlanggeht, nimmt man die Türen wahr, die zu den Wartebereichen der insgesamt sechs Badehäuser führen.



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Der Sprudelhof von Bad Nauheim – ein Panorama des Jugendstils – Video: A. Kircher-Kannemann

[1] E. Robert Niederhoff: Jugendstil in Bad Nauheim, Bad Nauheim 1974, S. 58.


Mehr Bilder und Informationen zu den Verwaltungsgebäuden und zum Sprudelhof von Bad Nauheim finden Sie auf dem Pinterest-Board “Bad Nauheim – Jugendstil – Sprudelhof”.


Beitragsbild:
Blick auf den Sprudelhof von Bad Nauheim vom Bahnhof aus –
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0


Dr. Anja Kircher-Kannemann
Dr. Anja Kircher-Kannemann

Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen

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