Kolonnaden Bad Nauheim mit Tennis-Café
Bad Nauheimer Geschichte(n)

Bad Nauheimer Geschichte(n) – Jugendstil und Menschen

Bad Nauheimer Geschichte(n) gibt es viele zu erzählen, denn die Geschichte von Bad Nauheim ist alt und reicht zurück bis in die Zeit der Kelten. Sie waren wohl die ersten, die hier das Salz gewannen und das Salz spielt noch bis heute eine große Rolle in der Stadt. Denn bis heute sieht man hier die Gradierbauten, wenn sie auch heute nicht mehr zur Salzgewinnung dienen, sondern zur Behandlung von Atemwegserkrankungen.

Dann sind da vor allem die Jugendstilanlagen, die seit ihrer Erbauung Bad Nauheim zu einem architekturhistorischen Dorado machen. Über sie und ihren Architekten Wilhelm Jost, aber auch über den Mann, der das alles erst in Gang brachte, den Großherzog Ernst Ludwig, ist viel zu erzählen.

Auch nicht vergessen darf man die Ärzte, die Balneologen vor allem, jene Badeärzte, die den Ruf des Heilbades erst begründeten, wie etwa Friedrich Bode. Und dann sind da natürlich – last but not least – all jene berühmten und weniger berühmten Gäste, die hier ihre Spuren hinterließen.


Sprudelhof Bad Nauheim
Sprudelhof Bad Nauheim um 1910
historische Postkarte

Bad Nauheimer Geschichte

Ausgedehnte archäologische Grabungen in Bad Nauheim haben die keltische Zeit des Ortes wieder ans Tageslicht befördert. Doch schon vor ihnen hatten hier in der Steinzeit Menschen gesiedelt. Ob sie bereits um das weiße Gold des Ortes – das Salz – wussten? Die Kelten, jenes beinahe mythische Volk, jedenfalls taten es. Sie errichteten zahlreiche Siedeöfen, um das Salz zu gewinnen. Nach ihnen kamen die Römer nach Nauheim und verewigten sich vor allem am Johannisberg, wo sie einen Signalturm errichteten, der mit zum Limes gehörte ebenso wie die nicht weit entfernte Saalburg.

Doch blieb Nauheim ein kleiner Ort und so blieb es auch im Mittelalter. Aus der Zeit um 900 stammt die erste urkundliche Erwähnung des Söderdorfes „Niwiheim“, das wohl schon damals ein Söderdorf war obwohl der erste urkundliche Beleg aus dem 14. Jahrhundert datiert.

Man lebte beschaulich und in eher bescheidenen Verhältnissen, hier in der Wetterau in der Herrschaft, später Grafschaft Hanau. Die große Welt war gut 30 Kilometer entfernt in Frankfurt am Main zuhause.

An all dem hätte sich wahrscheinlich nie sehr viel geändert, wenn es nicht im Jahre 1846 zum „Weihnachtswunder“ gekommen wäre. Der „Große Sprudel“ war aufgebrochen, der Aufstieg zum Kurbad von Weltruhm begann und spätestens das Casino tat sein übriges.


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Eine blühende Kurstadt – Bad Nauheim in den 1930er Jahren
Youtube

Gedenkstein Heinrich Siesmayer Bad Nauheim
Gedenkstein für Heinrich Siesmayer im historischen Kurpark Bad Nauheim
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Architekten und Künstler – Bad Nauheim

Architekten, Gartenarchitekten und Künstler haben das heutige Bild von Bad Nauheim entscheidend mitgeprägt. Alles, was heutigen Besucher*innen zuerst ins Auge fällt, haben sie erschaffen. Da sind zum einen die Kurparks, allen voran der Historische Kurpark, gestaltet von Heinrich Siesmayer (1817-1900). Er ist bis heute eines der beiden Herzstücke der Stadt Bad Nauheim und verbindet die verschiedenen Bereiche der Kuranlagen miteinander.

Berühmt geworden aber ist Bad Nauheim vor allem für sein einzigartiges Jugendstilensemble. Das Herzstück ist der Sprudelhof, der die größte zusammenhängende Jugendstilbadeanlage Europas darstellt. In Auftrag gegeben hat sie der Großherzog Ernst Ludwig (1868-1937). Erdacht aber hat sie der Architekt Wilhelm Jost (1874-1944). Mit dem zentralen Sprudelhof und seinen Badehäusern schuf er hier in den Jahren 1905 bis 1911 ein wahres Mammutwerk des Jugendstils. Aber es war nicht nur der Sprudelhof, den Jost hier bis 1912 erbaute. Zum architektonischen Gesamtkonzept gehören auch die Trinkkuranlage, die Kolonnaden, die technischen Gebäude sowie Teile des Kurhauses mit dem Jugendstiltheater.

Bereits zuvor, im Jahr 1902, hatte er bereits ein neues Inhalatorium errichtet. Die technischen Anlagen in diesem Fachwerkbau, der bereits erste Anklänge des Jugendstils zeigt, gehörten zum Modernsten der Zeit. Und überhaupt war die Technik auch in Bezug auf Sprudelhof und Badehäuser ein wichtiges Thema und Jost ging hier neue Wege.

An der Ausgestaltung der Jugendstilanlagen waren vor allem Künstler der Darmstädter Mathildenhöhe beteiligt, wie etwa Heinrich Jobst (1874-1943), Jakob Julius Scharvogel (1854-1938) oder auch Friedrich Wilhelm Kleukens (1878-1956).

Auch das Kurhaus mit Terrasse und Jugendstiltheater wurde durch Wilhelm Jost federführend umgestaltet. Für die dekorativen Elemente kamen hier allerdings andere Künstler zum Einsatz als in Sprudelhof und Badehäusern. In den Außenbereichen waren es vor allem Ludwig Habich (1872-1949), Karl Huber (1872-1952) und Karl Scholl (1840-1912), die die Gestaltung übernahmen.

Großen Anteil an der Ausgestaltung der Trinkkuranlage hatte der ebenfalls zur Darmstädter Künstlerkolonie gehörende Goldschmied und Bildhauer Ernst Riegel (1871-1939).


Badearzt Friedrich Bode - Bad Nauheim
Gedenktafel für den Badearzt Friedrich Bode – Bad Nauheim
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Kur- und Badeärzte in Bad Nauheim

Großen Anteil am Aufstieg Bad Nauheims zum Herzheilbad von Weltruf hatten vor allem auch die hier tätigen Badeärzte, Balneologen genannt. Allen voran steht hier Friedrich Bode (1811-1899), der am 10. Juli 1837 die Zulassung für seine Niederlassung in Bad Nauheim erhielt. Das war noch vor dem Weihnachtswunder des Jahres 1846, das den Großen Sprudel zutage förderte. Bode war es auch, der am 22. Dezember als erster informiert wurde. Über den Anblick schrieb er später: „Aus dem bis zum Rande mit dampfender Sole gefüllten Schacht erhob sich eine mehr als mannsdicke, blendend weiße, dampfende, zischende und spritzende Schaumsäule bis zu 10 Fuß Höhe!“ Später verfasste er eine Schrift über die Bad Nauheimer Heilquellen, die nicht unwesentlich zum Aufstieg des neuen Kurbades beitrug.

Nicht weniger wichtig wurde der Mediziner Friedrich Wilhelm Beneke (1824-1882). Er kam 1855 nach Bad Nauheim und rühmte 1859 in seiner Schrift „Ueber Nauheim’s Soolthermen und deren Wirkungen auf den gesunden und kranken menschlichen Organismus“ die Heilkräfte der hiesigen Quellen.

Dass Bad Nauheim heute als führendes Herzheilbad gilt, das hat es wohl vor allem zwei Ärzten zu verdanken: zum einen Isidor Maximilian Groedel (1850-1921) und zum anderen Franz Maximilian Groedel (1881-1951). Beide waren in Bad Nauheim auf dem Gebiet der Herzheilkunde tätig und letzterer gründete das Kerckhoff-Institut, das seit 1951 als Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung firmiert.

Nicht zu vergessen auch Arthur Weber (1879-1975), der von 1914 bis 1955 die Leitung des Balneologischen Instituts von Bad Nauheim innehatte.


Kaiserin Elisabeth von Österreich - Sisi
Bad Nauheimer Geschichte(n)
Kaiserin Elisabeth von Österreich – Sisi – 1869
Foto: Emil Rabending / Public domain

Berühmte Gäste – Bad Nauheimer Geschichte(n)

Wohl der erste, der als berühmter Badegast nach Bad Nauheim kam war Otto von Bismarck. Bereits im Jahr 1859, lange bevor Bad Nauheims Ruf als Herzheilbad in alle Welt gedrungen war, ließ sich der spätere Reichskanzler hier behandeln.

Im Jahr 1871 folgten ihm Kaiser Franz Joseph I. von Österreich gemeinsam mit seiner Frau, der Kaiserin Elisabeth. Auch das deutsche Kaiserpaar Wilhelm I. mit Ehefrau August weilten in diesem Sommer in der Kurstadt.

Zwanzig Jahre später gab es Besuch aus den USA, der erst später bekannt werden sollte: Franklin D. Roosevelt war gerade erst neun Jahre alt und weilte mit seinen Eltern einige Monate in Bad Nauheim, wo er sogar die Schule besuchte.

Im Juli und August des Jahres 1898 besuchte erneut Kaiserin Sisi Bad Nauheim, um sich hier wegen ihrer Herzschwäche behandeln zu lassen. Kurz nach ihrer Abreise wurde sie in Genf von einem Attentäter ermordet.

Zar Nikolaus II. und Zarin Alexandra Feodorowna, eine Schwester des Großherzogs Ernst Ludwig beehrten die Stadt dann im Jahr 1910.

Es würde zu weit führen hier alle mehr oder minder berühmten Gäste aufzuführen. Deshalb seien nur einige wenige an dieser Stelle noch kurz genannt:

Hans Albers, Heinz Rühmann, August Bebel, Zar Ferdinand I. von Bulgarien, Marion Davies, Albert Einstein, Erich Kästner, William Randolph Hearst, Alfred Krupp, Karl May und Richard Strauss.


Elvis Stele Bad Nauheim Elvis-Presley-Platz
Bad Nauheimer Geschichte(n)
Elvis-Stele am Elvis-Presley-Platz in Bad Nauheim
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Bad Nauheim – European Home of Elvis

Die Liste der berühmten Gäste, Besucher und zeitweiligen Bewohner Bad Nauheims ist lang und liest sich wie das „Who is Who“ der vergangenen knapp zweihundert Jahre.
Doch über allen steht wohl der Name Elvis Presley: der King of Rock’n Roll lebte zwischen 1958 und 1960 in der Kurstadt. Als G.I. war er im benachbarten Friedberg stationiert und nachdem er zunächst im Park-Hotel, dann im Hotel Villa Grunewald gewohnt hatte, zog er in ein eigens angemietetes Haus auf der Goethestraße. Noch heute steht das Haus und noch heute kann man in der Villa Grunewald in Elvis altem Zimmer übernachten, das seither unverändert geblieben ist. So prägend war diese Elvis-Zeit für Bad Nauheim, dass man hier seit 2002 alljährlich rund um den Todestag von Elvis das European Elvis Festival gleich mehrere Tage lang feiert.

Wer sich die Ankunft von Elvis in Friedberg im Jahr 1958 noch einmal anschauen möchte, der sollte HR-Retro besuchen, hier gibt es das Video.


Kurhaus Bad Nauheim Terrasse
Terrasse des Kurhaus von Bad Nauheim um 1900
historische Postkarte

Bad Nauheimer Geschichte(n)

Wenn man all dies betrachtet, dann wird wohl schnell klar, dass es unzählige Geschichten gibt, die man über Bad Nauheim und die Menschen, die hier zu Gast waren oder lebten erzählen kann. Denn allein die zahlreichen prominenten Gäste füllen ganze Seiten. Ja und viele haben auch über ihre Erlebnisse noch in späterer Zeit berichtet.

So wird es denn viel zu erzählen geben über Bad Nauheim und die Menschen in dieser Stadt.


Mehr Bilder und Informationen finden Sie auf dem Pinterest-Board „Bad Nauheimer Geschichte(n)“.

Beitragsbild:
Die Kolonnaden von Bad Nauheim – historische Postkarte


Dr. Anja Kircher-Kannemann
Dr. Anja Kircher-Kannemann

Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen

3 Kommentare

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