Bad Nauheim – ein Projekt
Als ich im Jahr 2019 das erste Mal nach Bad Nauheim kam, da ging es mir, wie es wohl vielen geht: ich war schockverliebt und fragte mich warum ich eigentlich nie zuvor auf die kultur- und kunsthistorische Bedeutung dieser Stadt aufmerksam geworden war.
Ja, ich kannte den Namen Bad Nauheim, was auch kein Wunder ist, wenn man so wie ich, gerne Elvis hört. Denn eben jener Elvis Presley hatte von 1958 bis 1960 in Bad Nauheim gelebt, während er im benachbarten Friedberg als G.I. stationiert war. Aber mehr wusste ich nicht von dieser Stadt, als dass sie das „European Home of Elvis“ war und irgendwie auch noch immer ist.
Um so erstaunter also war ich, dass diese Stadt so viel mehr ist und so viel mehr zu bieten hat. Denn Bad Nauheim ist vor allem auch das „Jugendstilbad“. Und Bad Nauheim ist in Teilen eine Gartenstadt, so wie Ebenezer Howard sie einst skizziert hat. Und Bad Nauheim ist eine geschichtsträchtige Stadt in der es unglaublich viel zu entdecken gibt.
Bad Nauheim – Das Jugendstilbad und mehr
„Es gibt in Europa wohl keine zweite Stadt mit solch einem ausgedehnten Bezirk von Jugendstilbauten, die auf Grund eines großzügigen Plans errichtet wurden, die einem einzigen Zweck dienen, und von denen man mit Recht sagen kann: sie bilden eine Einheit. Die Nauheimer Jugendstilbauten und Jugendstilanlagen gehören zu den bedeutendsten in Europa.
Ein Werk von so hohem Wert, von solcher Bedeutung bedarf des Schutzes. Allen Verantwortlichen ist, unabdingbar, eine hohe Verpflichtung auferlegt: das Bestehende in seiner Eigenart zu erhalten.“[1]
Bad Nauheim ist eine Stadt, die, wie kaum eine zweite, kulturelle, historische und architektonische Höhepunkte zu bieten hat.
Hier verbinden sich auf einzigartige Weise zwei Kulturerbe, die wohl bald auf der UNESCO-Welterbeliste zu finden sein werden: der Jugendstil der Darmstädter Mathildenhöhe und die Vergangenheit als Modebad der Schönen, Reichen und Berühmten à la Baden-Baden, Bad Kissingen und Bad Ems – die Historie als „Great Spa of Europe“.
Schon allein diese beiden Aspekte und ihre Verbindung würde vollkommen ausreichen, um Bad Nauheim aus dem Kreis anderer Städte herauszuheben. Aber es treten noch weitere Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale hinzu, wie die in keltische Zeit zurückreichende Geschichte, der ausgedehnte Kurpark, angelegt vom berühmten Gartenarchitekt Heinrich Siesmayer, eine im 2. Weltkrieg kaum zerstörte Innenstadt, die in zwei getrennten Bereichen die Entwicklungsgeschichte der Stadt vom mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Söderdorf bis hin zum Modebad des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts abbildet und nicht zuletzt Bad Nauheim als „European Home of Elvis“ – ein Alleinstellungsmerkmal, das weltweit keine andere Stadt zu bieten hat.
Bad Nauheim digital – eine Projektidee
Ja, es ist ganz schön viel und vor allem vielfältig, was man bzgl. Kunst- und Kulturgeschichte, bzgl. Technik- und Siedlungsgeschichte und auch Alltagsgeschichte hier in Bad Nauheim finden und nachvollziehen kann. Ein wahres Dorado also für jede Historikerin und jeden Historiker aber auch für Kunst- und Architekturhistoriker*innen, das war mir spätestens am zweiten Tag meines Aufenthalts, als ich mich einer Jugendstilführung anschloss klar.
Bald allerdings erfuhr ich, als ich im Badehaus 3 mit Mitgliedern des Jugendstilvereins Bad Nauheim ins Gespräch kam, dass man schon bald diese herrlichen Jugendstilgebäude nicht mehr würde besichtigen können, da Sanierungsarbeiten anstünden. Außerdem verfügt Bad Nauheim nicht über ein Museum in dem die Geschichte der Stadt dargestellt und präsentiert wird. Über Jahre hinaus also würden, das war klar, diese Anlagen der interessierten Öffentlichkeit nicht wirklich zur Verfügung stehen.
Da ich seit Jahren im Bereich „digitale Kulturvermittlung“ tätig bin, lag die Lösung für mich schnell auf der Hand: eine Webseite musste her, gefüllt mit Informationen über die Geschichte der Stadt und der Jugendstilanlagen. Und möglichst sollte es auch noch 360°-Aufnahmen, Videos und virtuelle Ausstellungen auf dieser Seite geben.
Dank der Hilfe des Jugendstilvereins Bad Nauheim und vor allem der Stiftung Sprudelhof, speziell dem Vorstand Herrn Thielmann, gibt es nun also diese Webseite. Noch ist längst nicht alles umgesetzt, was so in meinem Kopf herumgeistert. Aber Stück für Stück wird die Sammlung wachsen und hoffentlich vielen Interessierten die Schönheiten dieser Stadt und speziell ihres einzigartigen Jugendstilensembles näherbringen können.
An dieser Stelle bleibt mir nur Ihnen viel Spaß auf dieser Seite zu wünschen, bei den Rundgängen durch die Badehäuser und den Sprudelhof und bei der Entdeckungstour durch Bad Nauheim.
P.S.:
Und so schnell kann es gehen: Es gibt schon wieder Neuigkeiten aus Bad Nauheim!
Bald schon wird es in Badehaus 3 ein Jugendstilforum geben!
Dieses Jugendstilforum wird dann nicht nur Badehaus 3 und seine original erhaltenen Badezellen sowie den Wartesaal und den Schmuckhof für die Öffentlichkeit öffnen, sondern zudem eine große Sammlung an Jugendstilexponaten beherbergen, die der Sammler Manfred Geisler dem Jugendstilverein zur Ausstellung überlassen hat.
Mehr über das Projekt „Jugendstilforum Bad Nauheim“ finden Sie hier.
[1] E. Robert Niederhoff: Jugendstil in Bad Nauheim, Bad Nauheim 1974, S. 58.
Beitragsbild:
Schmuckhof von Badehaus 5
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen