Der Kurpark von Bad Nauheim
Der Kurpark ist heute wohl das Herz der Stadt Bad Nauheim. Die Stadt umrahmt den Park und auch die meisten großen Kurkliniken liegen entweder direkt daran oder doch zumindest in Reichweite.
Das ist nicht in allen Kurstädten so und es ist auch das, was diesen Park und vor allem den Kurort Bad Nauheim bis heute so besonders macht.
Der Kurpark ist mit ca. 80 Hektar einer der großen Kurparks Deutschlands. Zu ihm gehört auch der „Große Teich“, der ursprünglich für die Salzgewinnung benötigt wurde, dann zum Teich für Gondelfahrten der Kurgäste wurde und heute ein Teich für Tretbootfahrten ist.
Überall in diesem Park findet man alte – sehr alte Bäume. Buchen zum Beispiel, die über 200 Jahre alt sind, mit ihrer Form und Größe beeindrucken und zum Stehenbleiben, Staunen und Träumen einladen. Und überall gibt es auch große Freiflächen, große Wiesen, die dem Auge Weite suggerieren. Daneben sind dann die beschatteten und kleineren Wege, die im Sommer Kühle bieten. Und überall ist auch Wasser, ob in Form des „Großen“ oder des kleinen Teichs, in Form von Brunnen oder auch von Wasserfällen.
Wer Natur liebt, gerne spazieren geht oder einfach nur am Wasser sitzt und den Gänsen und Enten zuschaut, der wird Stunde um Stunde in diesem Park verbringen können, so wie schon sein Erschaffer, der Gartenarchitekt Siesmayer, der seinen Park jeden Samstag besuchte.
Die Geschichte des Bad Nauheimer Kurparks
Als Heinrich Siesmayer mit seiner Firma „Gebrüder Siesmayer“ 1857 begann, den Bad Nauheimer Kurpark zu gestalten, da war es nicht so, dass er auf einer „grünen Wiese“ und bei Null damit begann.
Schon vor dieser Zeit hat es einen Park für die Kurgäste gegeben und auch der „Große Teich“ war bereits angelegt.
1835 wurde das erste Badehaus in Bad Nauheim gebaut. Von einem wirklichen Kurbetrieb kann damals aber noch nicht gesprochen werden. Bis der wirklich anlief, da sollte es noch einige Jahre dauern und vor allem musste erst einmal das „Weihnachtswunder“ von Bad Nauheim geschehen und der Große Sprudel ausbrechen. Es war das Jahr 1846.
Heinrich Siesmayer – der Planer und Gestalter des Großen Kurparks, den die Menschen heute in Bad Nauheim sehen, traf also keine freie und unbelebte Fläche an. Der Raum, den er bespielen und gestalten sollte war kein weißes und unbeschriebenes Blatt. Das machte seine Arbeit wohl nicht unbedingt einfacher, doch es gelang. Er verband auf geschickte Art und Weise die Stadt mit den damaligen Kuranlagen, den Sprudeln und Brunnen, dem Kurhaus und schuf einen Ort der Erholung und Entspannung.
Heinrich Siesmayer über sein wohl größtes Werk
„Diese Anlage ist eine meiner größten Ausführungen in meiner beinahe fünfzigjährigen selbständigen Thätigkeit.“ schrieb Heinrich Siesmayer in seinen 1892 verfassten „Lebenserinnerungen“ und beschreibt dann auch den Park, seine Planung und die Arbeiten, die von 1857 bis 1859 dauerten.
Hier seien die wichtigsten Passagen aus seinen Erinnerungen wiedergegeben:
„Die Nauheimer Anlage ist in englischem Style ausgeführt mit bedeutender, großer Terrasse und Restaurationsgebäude nebst Auffahrt, ausgedehnten Fahr- und Fußwegen, Alleen, freien Plätzen, großem Teich von ca. 36 Morgen für Gondelfahrer, warmem Sprudel, Badehäusern, Trinkhalle u. s. w. Die Arbeiten erforderten bis zur Fertigstellung eine Zeit von zwei Jahren; es waren 150 bis 200 Leute, sowie 10-15 Pferde ununterbrochen dabei die Thätigkeit. Die Uferarbeiten an dem Usabach, die großen Fahrstraßen nach der Stadt und dem Teichhaus, die Brückenübergänge, kleinen Wasseranlagen, Terrainarbeiten an der großen Terrasse und sonstige ausgedehnte Terrainbewegungen nahmen großen Kosten- und Zeitaufwand in Anspruch. Die gärtnerische Ausführung für Grundarbeiten, Chausséen und Lieferungen erforderten 150 000 Mark excl. Erdarbeiten zur Horizontallegung der großen Terrasse und Ausschachtungen an der Trinkhalle.“[1]
Der Kurpark zu Bad Nauheim – eine Beschreibung aus dem Jahr 1901
Anlässlich des Todes von Heinrich Siesmayer am 22. Dezember 1900 veröffentlichte die Zeitschrift „Die Gartenkunst“ zu Beginn des Jahres 1901 nicht nur einen Nachruf auf den „Meister, dessen Schöpfungen ebenbürtig mit den Werken eines Skell und Lenné genannt zu werden verdienen“[2], sondern auch eine ausführliche Beschreibung des Bad Nauheimer Kurparks, über den Siesmayer in seinen Lebenserinnerungen 1892 selbst geschrieben hatte, dass es eine der größten Garten- bzw. Parkanlagen ist, die er je erschaffen hat.
Viel Spaß also jetzt mit dem Streifzug durch den Bad Nauheimer Kurpark mitten in der Belle Époque im Jahr 1900:
„Anmutig Thal! Du immergrüner Hain !
Mein Herz begrüßt euch wieder auf das beste;
Enfaltet mir die schwerbehangnen Äste,
Nehmt freundlich mich in eure Schatten ein,
Deutschlands.
Erquickt von euern Höhn am Tag der Lieb und Lust
Mit frischer Luft und Balsam meine Brust.
(Goethe.)
Unter den heilkräftigen Taunus-Bädern, wie Wiesbaden, Homburg, Schlangenbad, Langenschwalbach u. s. w. nimmt das am Ostabhang des Johannesberges (letztem Ausläufer des Taunusgebirges), inmitten der fruchtbaren Wetterau gelegene Nauheim eine bevorzugte Rangstellung ein. Keiner der vorgenannten Badeorte hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen solch bedeutenden Aufschwung genommen, als wie Nauheim, dessen Kurliste heute nahezu 200 000 Besucher aufweist (gegen 4495 im Jahre 1880).
Über die Lage der Stadt gewinnt man sofort einen Überblick bei der Ankunft am Bahnhof (Linie Frankfurt a. M.—Kassel); von hier (im Osten der Stadt) führt eine schattige, beiderseitig mit Villen besetzte Ulmenallee direkt zum Sprudel und auf die Badehäuser, umspannt diese im Halbkreis und mündet mit ihrem nördlichen Arm in die bis zum Fuße des Johannesberges reichende Parkallee. Ausgedehnte schattenspendende Parkanlagen umfassen einen Flächeninhalt von nahezu 80 ha und schließen nördlich mit dem großen Weiher und im Süden mit der eigentlichen Badeanstalt (im Gegensatz zu dem Villenquartier) ab.
Ein eigenartiges Gepräge verleihen dem Landschaftsbilde, welches die Badestadt mit ihren schönen Anlagen und Alleen dem Beschauer besonders vom Johannisberge aus bietet, die zwei langen Reihen von Gradierhäusern, die sich im Süden der Stadt von Osten nach Westen in einer Ausdehnung von i nahezu 1200 m hinziehen. Die Badehäuser zeigen in gefälliger stilvoller Architektur die Verwendung von Holz in reichem Maße, eine Eigentümlichkeit, welche durch die größere Widerstandsfähigkeit des Holzes gegen die Einflüsse der Thermalsole bedingt ist, während massive Steinbauten in der Nähe des Sprudels auffallend schnell verwittern.
Direkt am großen Sprudel und am Usa-Bach (einem aus dem Taunus kommenden Gewässer) beginnt der Park sich auszudehnen. Die Gesamtanlage umfaßt ein Gelände von ca. 350 Hessischen Morgen. Heinrich Siesmayer, welcher den Park im Auftrage der Kurfürstlich Hessischen Regierung in den Jahren 1857 bis 1859 ausführte, schreibt darüber selbst: „Die Nauheimer Anlage ist im englischen Stil ausgeführt, mit großer Terrasse, einem Restaurationsgebäude nebst Auffahrt, ausgedehnten Fahr- und Fußwegen, Alleen, freien Plätzen, großem Teich von ca. 36 Morgen, Badehäusern, Trinkhallen u. s. w. Die Arbeiten erforderten bis zur Fertigstellung eine Zeitdauer von zwei Jahren; es waren 150 bis 200 Leute, sowie 10 bis 15 Pferde ununterbrochen dabei in Thätigkeit. Die Uferarbeiten am Usa-Bach, die großen Fahrstraßen nach der Stadt und dem Teichhaus, die Brückenübergänge, die kleinen Wasseranlagen, die Terrainarbeiten an der großen Terrasse, sowie sonstige ausgedehnte Terrainbewegungen nahmen große Kosten und Zeitaufwand in Anspruch. Die Ausführung der Grundarbeiten, Chausseen und sonstige Lieferungen erforderten 150 000 Mark, exkl. Erdarbeiten zur Horizontallegung der großen Terrasse und der Ausschachtungen an der Trinkhalle. Diese Anlage ist eine meiner größten Ausführungen in meiner beinahe fünfzigjährigen Thätigkeit.“
Kuranlagen zeigen bekanntlich ein bestimmtes charakteristisches Gepräge: die Wege sind unter Vermeidung erheblicher Steigungen möglichst durch schattenspendende Baumpartien geleitet, zahlreiche größere und kleinere Ruheplätze laden zur Rast, die Anpflanzung größerer hainartiger Bestände tritt merklich bestimmend hervor in der Absicht, dem Spaziergänger möglichst viel freien Ausblick in die umgebende Landschaft zu gestatten, ohne daß er längere Wegestrecken den Baumschatten entbehren muß. Diese Bedingungen haben auch in den Nauheimer Anlagen in hervorragender Weise Berücksichtigung gefunden, ebenso sind zahlreiche schattige Fahrwege für jene Kranke geschaffen, denen körperliche Anstrengungen unmöglich sind. In Wiesbaden und Homburg entfaltet sich in unmittelbarer Nähe des Kurhauses ein fast übergroßer Reichtum an Blumenarrangements aller Art, welche während der Frühjahrs- und Sommersaison in ihrer Bepflanzung häufig wechseln und in Verbindung mit verhältnismäßig hohen Kosten gewissermaßen als Effektstücke gärtnerischen Schaffens vom Publikum bewundert werden. Im Nauheimer Kurpark tritt die Blumenliebhaberei nicht in so reichem Maße zu Tage, die Umgebung des Kurhauses und der Badehäuser zeigt- wohl auch blütenduftigen Schmuck der Kinder Floras — Beete von Rosen, Geranien, Sommerblumen, effektvolle Blattpflanzengruppen abwechselnd mit der Kleinmalerei kunstvoll. gewirkter Teppichbeetgebilde wäre jedoch – ihre. Zahl auch um das Dreifache größer, wir könnten sie nur als mutwillig kecke Eindringlinge betrachten, denn hier muß jeder kleinliche Schmuck zurücktreten vor der in großen Zügen sich unserem Auge erschließenden ebenso imposant wirkungsvoll als wie anmutig dargestellten Parklandschaft. Berg, Thal und Niederungen sind in den Bering des Parks eingeschlossen, das Ganze von der Kunst in ein Gewand malerischer Naturschönheit gekleidet.
Das Terrain besitzt in Anbetracht seiner Lage am Abhange des Johannisberges ziemlich bedeutende Höhenunterschiede, welche für die Herstellung großer landschaftlich wirkungsvoller Partien und für die Anlage der Fahrwege erhebliche Schwierigkeiten verursachten. Trotzdem gelang es in dem Gelände eine Anzahl effektvoller Landschaftsbilder zur Geltung zu bringen, von denen wir als Hervorragendstes die Partie vor dem Kurhause mit dem Blick nach dem großen Sprudel (südöstlich) bezeichnen möchten. Überall findet der Landschaftsgärtner nachahmenswerte Motive; einzelne hainartige Baumpartien von Birken, Lärchen, Kiefern und Tannen zusammengestellt, sind in ihrer Anordnung dermaßen naturgetreu behandelt, daß man Zweifel hegen möchte, ob Menschenhand dieselben hierher versetzt hat.
Von der Bahnhofstraße aus führt südlich die breite Parkstraße in einer Abzweigung (nördlich) direkt an das Kurhaus mit vorliegender Terrasse. Von hier bietet sich ein weiter Ausblick auf den Park und das tief liegende Thalbecken mit den Badehäusern, dem Sprudel, und dem den Straßenzug „Kurve“ begrenzenden Villenviertel. Südlich dehnen sich die alten Kuranlagen mit dem Gradierwerk, Kolonnade, Wandelbahn, Kurbrunnen, Karlsbrunnen u. s. w. aus; den nördlichen Abschluß bildet der von alten Baumbeständen umrahmte ca. 36 ha große Teich, dessen Restauration „zum Teichhaus“ einen beliebten Aufenthaltsort der Kurgäste bildet. Zahlreiche Fußwege durchziehen das Berg- und Thalgelände, zu Ruheplätzen und schönen Aussichtspunkten geleitend.
Bad Nauheim besitzt das milde Klima des westlichen Mitteldeutschlands (9,75° C. durchschnittliche Jahrestemperatur, 138 m über dem Meeresspiegel); gegen heftige Windströmungen ist die Stadt westlich vom Johannisberg geschützt, der das Thal durchfließende wasserreiche Usa-Bach bedingt eine wesentliche Erhöhung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft, welcher fördernd auf die Pflanzenvegetation einwirkt. Zufolge dieser günstigen klimatischen Verhältnisse finden wie hier besonders schön entwickelte Coniferen in großen prächtigen Exemplaren, wie Pinus Laricio austriaca Endl. (7 m hoch), Pinus montana Dur. (3 m hoch), Pseudotsuga Douglasii Carr., Picea alba Lk., Fagus silvatica atropurpurea hort., Ulmus horizontalis hort., Quercus rubra L., Elaeagnus angustifolia L., Taxodium, Wellingtonia, Pterocarya u. s. w. u: s. w.
Die Kuranlagen bilden eine überaus wertvolle Zierde des Badeortes; wenn alljährlich viele Tausende hilfesuchender Menschenkinder zu den warmen Quellen pilgern, wo Natur und menschliches Wissen alles bieten, was die Seele vom Mitgefühl menschlicher Schwachheit abzieht, was Gesundung verleiht und den Geist durch reizvolle Naturschönheit erheitert, — so verdankt die Stadt dies nicht zum mindesten der Fürsorge der Landesregierung und dem Wirken jenes Mannes, der dieses hervorragende Werk deutscher Gartenkunst geschaffen.
Schröder-Jung.“
[1] Franz Heinrich Siesmayer – Lebenserinnerungen, hg. v. Thorsten Reuter und Peter Althainz, Norderstedt 2006, S. 45f.
[2] H. R. Jung, Nachruf – Franz Heinrich Siesmayer, in: Die Gartenkunst III, 2 (1901), S. 21-22, hier S. 21.
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