Ein “Hessischer Löwe” im Sprudelhof von Bad Nauheim
Wie kommt ein (Hessischer) Löwe in den Sprudelhof von Bad Nauheim?
Der Löwe – ein zu den “Big Five” gehörendes Wildtier – wird oft als der “König der Tiere” bezeichnet. Daher verwundert es nicht, dass er in der Geschichte der Wappenkunde das am häufigsten dargestellte Tier ist. Er symbolisiert majestätischen Stolz, Mut, Stärke, Würde und Wachsamkeit. Seine Symbolhaftigkeit steht in einer jahrhundertelangen historisch überlieferten Tradition. Auch in der Tierskulptur ist der Löwe ein oft gesehenes Motiv.
In seiner Zweidimensionalität als Wappentier wird der Löwe in der Heraldik meist im Profil aufrecht stehend – beziehungsweise steigend –entweder allein, oder mit einem ihm gegenüberstehenden Pendant dargestellt.
In der Dreidimensionalität der Skulptur begegnen wir dem Löwen meist in stehender, schreitender, liegender oder kämpfender Position.
Da der Löwe auch das hessische Wappentier ist, verwundert es nicht, dass er und sowohl in Darmstadt als auch in Bad Nauheim als mächtige Skulptur begegnet.
Heinrich Jobst und der Löwe von Bad Nauheim
Eine, im Jahr 1912 nach Entwürfen von Heinrich Jobst in Bronze gegossene, Löwenskulptur thront im Sprudelhof der Bad Nauheimer Kuranlage. Durch seine mächtige Größe scheint er den Innenhof geradezu zu “beherrschen”. Majestätisch schreitend steht der Löwe stolz – fast heroisch auf einem massigen Steinsockel der durch die Materialerosion grünliche Patina aufweist. Da sich der Sockel nach untenhin stufenartig verbreitert bietet er ihm das perfekte Präsentationspodest.
Einst nicht für diesen Ort vorgesehen, verwundert es nicht, dass die Skulptur in der Symmetrie des architektonischen Ensembles, das Ruhe ausstrahlen soll, ein wenig störend wirkt.
Der Körper des Löwen ist kräftig und muskulös. Seine opulente lockige Mähne windet sich um sein erhobenes Haupt. Mit geöffnetem Maul und wachen geöffneten Augen blickt er nach vorne zu dem kleinen Sprudelbecken. Er wirkt stolz aber dennoch nicht bedrohlich – vielmehr machtverkörpernd und wachsam.
Ein Hessischer Löwe in Bad Nauheim und seine „Geschwister“
Ebenfalls nach Entwürfen von Heinrich Jobst gefertigt, sind zwei Löwenskulpturen in Darmstadt. Dort flankiert das Löwenpaar den Eingang des Hessischen Landesmuseums.
Beide Löwen ähneln in ihrer muskulösen Körperlichkeit und ihrer minuziös voluminösen Lockenmähne, die ihr Gesicht rahmt, sehr dem Bad Nauheimer Löwen. Aber im Gegensatz zu ihm schreiten die Darmstädter Löwen nicht, sondern scheinen einfach still und regungslos – majestätisch wachend – auf ihren Sockeln zu stehen und den Besucher zu empfangen.
Ihre Mäuler sind zwar geöffnet, wie bei unserem Bad Nauheimer Exemplar, jedoch wirken sie – durch ihren nach unten gesenkten Blick und ihre nach unten herabhängenden Schwänze – unbewegt.
Beitragsbild:
Bad Nauheim Sprudelhof Hessischer Löwe
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Susanne Scheer – Kunstgeschichtlerin aus Leidenschaft mit besonderer Liebe zu Tschechien, Italien und der Kunst des Jugendstils.