Badehaus 4
Badehaus 4 wurde, genau wie Badehaus 5, im Winter der Jahre 1905 bis 1906 gebaut. Aber nicht nur das Baujahr haben diese beiden Badehäuser gemein, sondern auch Teile der Innenraumgestaltung. Dennoch sind beide Badehäuser deutlich voneinander geschieden und wirken keinesfalls wie ein Abklatsch des jeweils anderen.
Das Badehaus mit der Nummer 4 deutet klar den Wechsel in der Ideenwelt des Jugendstils an: die Formen sind nicht mehr so verspielt, nicht mehr so nah an der Natur und der Realität, sondern werden geometrischer und abstrakter. Die Farben – insbesondere der Fenster sind auch hier, wie etwa auch in Badehaus 2, eher monochrom und zurückgenommen. Doch auch hier gibt es teilweise den gleichen Farbenreichtum wie in Badehaus 5. Vor allem die Fenster mit ihren bunten Frösche begegnen in beiden Badehäusern.
Auffällig ist, dass kaum mehr Rückgriffe auf frühere Epochen gibt. Der Stil wirkt daher insgesamt originärer.
Der erste Eindruck jedoch, der sich dem Besucher bietet, wenn er den Wartesaal betritt, ist dennoch farbig und ausgesprochen elegant und luxuriös.
Wartesaal
Die unteren Wandteile des Wartesaals von Badehaus 4 sind, ebenso wie die des Badehauses 5, mit zweifarbigem und reich geädertem Marmor verkleidet. Doch ist der Marmor hier dunkler und rötlicher als im zeitgleich erbauten Badehaus 5.
In einer Nische gegenüber dem Haupteingang befindet sich der Anmeldeschalter, gefertigt aus dunklem, nahezu schwarzem Holz, was ihm einen zusätzlichen luxuriösen Anstrich verpasst. Auffallend und dennoch dezent sind die Heizkörperverkleidungen, die hier nicht, wie in Badehaus 3, metallen schimmern, sondern in einem zarten Cremeton gestrichen sind. Die Ornamentik auf den Verkleidungen der Heizkörper ist geometrisch und ausgesprochen schlicht gehalten.
Ähnlich schlicht sind auch die meisten Fenster des Wartesaals von Badehaus 4 gehalten. Es gibt nur wenig Farbe und die Ornamente sind stark stilisiert. Aber auch in diesen stilisierten Formen finden sich vor allem Wassermotive wieder. Auch gibt es wieder Kohlesäureblasen, ähnlich wie an den Außerfassaden im Sprudelhof und an den Verwaltungsgebäuden. Neben den Wassermotiven finden sich aber auch Naturmotive wie stilisierte Blätter und Pflanzenstengel.
Die vom Wartesaal über Flure zugänglichen Badezellen haben, wie in allen anderen Badehäusern auch, seriell gefertigte Fliesen. Sie wurden von den Tonwerken Offstein, nahe Worms, gefertigt und zeichnen sich durch eine zarte Reliefstruktur aus. Auch diese Fliesen weisen nur wenige Farben auf, diese aber sind teils sehr kräftig gehalten. Blau und Gold dominieren die Formen auf diesen Fliesen.
Schmuckhof – Badehaus 4
Übersichtlich kommt er daher, der Schmuckhof von Badehaus 4 und bietet dem Gast eine gewisse Weite ohne dabei eine intime Stimmung zu verlieren. Auch hier, wie auch im Schmuckhof von Badehaus 7, fühlt man sich an einen klösterlichen Kreuzgang erinnert. Die Gartenanlage in der Mitte des Schmuckhofs ist streng geometrisch gegliedert und erinnert so stark an barocke Gartenanlagen. Die Wege sind weiß und parzellieren die Rasenfläche, die von dunkelgrünen niedrigen Sträuchern gesäumt wird.
Im rückwärtigen Teil des Schmuckhofs befindet sich eine freistehende Steinmauer mit zwei bzw. 4 Säulen über die sich eine hölzerne weiße Pergola spannt. Die beiden mittleren Säulen umrahmen einen Brunnen, der auf den ersten Blick wie der römische „Mund der Wahrheit“ wirkt. Rundherum finden sich in Mauern und Säulen steinerne Muscheln und Schnecken. Geschaffen hat die wasserspeiende Dämonenmaske wohl der Bildhauer Ludwig Habich. Er war, wie viele andere Künstler, die an der Ausgestaltung des Sprudelhofs in Bad Nauheim beteiligt waren, Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie, die von Großherzog Ernst Ludwig ins Leben gerufen worden war und gehörte deren erster Generation an.
Mit seinen klaren und strengen Formen, die dennoch nicht kühl wirken, sondern eher beruhigend, lädt der Schmuckhof zum Verweilen, zum Ausruhen und zum Entspannen ein. Nach einer anstrengenden Anwendung in einer der Badezellen, kann sich der Kurgast hier erholen, die Natur genießen und herunterfahren. Genau dazu waren die Schmuckhöfe auch gedacht, sie gehörten genauso zum Konzept der Kur, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts betrieben wurde, wie die Badezellen.
Beitragsbild:
Schon die Zahl am Eingang zu Badehaus 4 deutet an, dass der Jugendstil an Verspieltheit verlor und strenger und geometrischer in seiner Formgebung wurde.
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen
3 Kommentare
Pingback:
Pingback:
Pingback: